Ergotherapie im Web

ergo-goes-wheelmap Projektbericht: “Mission Possible” in Klagenfurt

Iris Beck ist Studentin im Studiengang Ergotherapie an der FH Kärnten, Standort Klagenfurt und ein Sechzehntel des Projektteams von “ergo-goes-wheelmap”. Neben allen anderen anfallenden Aufgaben, die das Projekt betreffen, sorgt sie zusammen mit Sarah Dionisio dafür, dass das begleitende Projekttagebuch – welches am handlungs:plan-Weblog und auf dem Blog von ergo-goes-wheelmap – stetig umfangreicher wird. (Artikelbild von Sozialhelden via Flickr: CC BY-NC 2.0)

Es geht in großen Schritten (und mit Blasen an den Füßen) voran…in einer Mission die, wie anfangs vermutet, nicht „impossible“ zu sein scheint.

Den Anfang machten wir im Zentrum. Der Alte Platz und die Bahnhofstraße wurden zuerst angesteuert. Wir waren sehr überrascht davon, wie viele Betriebe dort für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer nicht zugänglich sind, aufgrund einer oder mehrerer Stufe(n) am Eingang. In den meisten Lokalen und Cafés hat man auch gar keine Möglichkeit, die Toiletten zu benutzen, weil schon die Türen viel zu schmal sind. Die Geschäftsleute sind uns zum größten Teil sehr freundlich in Erinnerung geblieben und haben sofort einem Eintrag in der wheelmap zugestimmt. Doch Positives und Negatives liegen ja bekanntlich nahe beieinander, und so haben wir auch einige Beispiele aus diesen Kategorien gesammelt…

Negativ aufgefallen…

Ein Café-Besitzer am Alten Platz hat uns mit seiner Aussage wohl am meisten verärgert: „Ich will keinen Eintrag! Ich habe mit den Müttern mit Kinderwägen schon genug zu tun, da brauche ich nicht auch  noch Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer in meinem Café.“ Er wird auch uns in seinem Café nicht wiedersehen!

Die Besitzerin eines Kosmetikstudios gab uns zu verstehen, dass sie den Eintrag nicht will weil: „…ich habe meine Stammkunden!“ Wir machten sie darauf aufmerksam, dass auch Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer zu Stammkunden werden könnten, aber das wollte sie nicht hören.

Eine Angestellte in einem Sonnenstudio fragte uns: „Was soll denn ein Rollstuhlfahrer in einem Solarium?“ Sie war verwundert, als sie von uns erfuhr, dass es ihnen wahrscheinlich auch ums Bräunen geht…

Positiv aufgefallen…

Es gibt aber viel mehr positives Feedback zu berichten, und das macht uns stolz. So wurde z. B. ein Mann an der Theke eines Lokals auf uns aufmerksam, der uns in ein sehr nettes Gespräch verwickelte. „Ich finde das ganz toll! Ein guter Freund sitzt im Rollstuhl und wir können in Klagenfurt nur zwei Lokale besuchen, die ein behindertengerechtes WC haben. Mit der Zeit wird das langweilig. Ich werde ihm von eurem Projekt erzählen und er wird begeistert sein und vielleicht haben wir in Zukunft mehr Alternativen.“ [Anm. Markus: Aufgrund einer ganz ähnlichen Problematik ist übrigens auch das Projekt wheelmap.org überhaupt erst entstanden]

In der 8. Mai-Straße befindet sich ein Skulpturen- und Vasengeschäft dessen Besitzer uns Folgendes erzählte: „Ich habe zwei Stammkundinnen, die ich sehr schätze. Sie sind beide auf den Rollstuhl angewiesen. Da habe ich das WC, das sich in meinem Geschäft befindet, rollstuhlgerecht umgebaut. Das sind mir meine Kunden wert.“ Wir fanden das sehr beispielhaft.

Fazit

Im Großen und Ganzen sind wir bisher sehr zufrieden mit unserer Evaluierung und reflektierten unsere Erfahrungen zwischendurch immer wieder bei einem Café Latte unter der Sonne Klagenfurts.

> „Wir wünschen uns für diejenigen, die uns mit Intoleranz begegneten, dass sie sich in Zukunft an denen orientieren, die schon verstanden haben, um was es uns bei diesem Projekt geht: Einschränkung der Lebensqualität fängt schon bei ganz kleinen Dingen an.“

Wenn ihr euch auch auf anderen Wegen über den Projektfortschritt informieren wollt, besucht den Twitterfeed von ergo-goes-wheelmap oder schaut doch mal auf der projektbezogenen Facebook-Seite vorbei – wir würden uns freuen!

Autor*in

Gastartikel

Gastartikel wurden und werden von verschiedenen Personen, die meisten davon Ergotherapeut*innen, verfasst. Informationen zu den jeweiligen Verfasser*innen finden sich in der Regel im Artikel selbst.

1 Kommentar

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  • Meine ehemaligen Klassenkameraden & ich haben auch mal solch ein Projekt gestartet , wir betrachteten verschiedene fast food ketten und motels / Jugendherbergen. Die Reaktionen der meisten “Betreiber” waren sehr zuvorkommend und wir bekamen positives Feedback. Aber leider hilft das auch nciht weiter & wenn man von Menschen verlangt Taten sprechen zu lassen, dann sieht es wieder ganz anders aus und die meisten entziehen sich der Verantwortung. Es ist noch ein langer Weg, bis die Realität mit der Theorie übereinstimmt. Und ich finde dass sich mehr Menschen dafür einsetzen sollten, denn es kann jeden treffen & man sollte keine Unterschiede darin machen.

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